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- Newsletter Juli/August 2016 | Nr. 149
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EUPATI: Patienteninformation aus Pharmahand
Die Einbeziehung von VertreterInnen der Öffentlichkeit – seien es nun PatientInnen oder BürgerInnen – erwies sich in jedem der Länder als ein sensibler und ressourcenintensiver Prozess. Bereits die Rekrutierung geeigneter VertreterInnen der Öffentlichkeit, die bereit sind, sich an gesundheitspolitischen Fragestellungen zu beteiligen und auch gewisse andere Voraussetzungen mitbringen, ist alles andere als einfach. Eine der Herausforderungen ist es sicherzugehen, dass PatientInnen und BürgerInnen unbeeinflusst an die Sache herangehen und nicht die Interessen Dritter vertreten.
In Österreich steckt die Beteiligung von PatientInnen und BürgerInnen noch in den Kinderschuhen. Im Rahmen der Gesundheitsreform wurde das Thema auf die Agenda gehoben und priorisiert. Nun müssen Schritte gesetzt werden, die Beteiligung im System zu verankern und geeignete Formen der Umsetzung zu finden. Auf europäischer Ebene gibt es seit einigen Jahren die Europäische Patientenakademie zu Therapeutischen Innovationen (EUPATI). Hier arbeiten VertreterInnen von Patientenorganisation, Wissenschaft und Industrie gemeinsam daran, die Weiterbildung von PatientInnen und deren Beteiligung an der Erforschung von Arzneimitteln zu fördern. EUPATI wird zu gleichen Teilen von der Europäischen Union und pharmazeutischen Unternehmen finanziert. Neben der Schulung von PatientenverterterInnen und dem Aufbau von nationalen Plattformen in den einzelnen EU-Ländern ist auch die Entwicklung von Schulungsmaterialien wie die „EUPATI Toolbox zu Arzneimittelforschung und –entwicklung“.
In einer gemeinsamen Stellungnahme mit der deutschen Patientenvertretungen hat das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierter Medizin jedoch kritisiert, dass die publizierten Informationen (EUPATI-Toolbox) sowohl im Hinblick auf Transparenz, Qualität und Ausgewogenheit zu wünschen übrig ließen und die grundlegenden Mindeststandards von Patienteninformationen nicht erfüllten. Darum war es auch nicht weiter verwunderlich, dass es heftige Kritik hagelte, als das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium und der österreichischen EUPATI Landesplattform unlängst eine Veranstaltung zu Patienteninformation und –beteiligung abhielt. PatientenvertreterInnen brauchen vielmehr Wissen darüber, wie die Gesundheits- und Sozialsysteme funktionieren, wie die Objektivität von Informationen zu beurteilen und ihre Quellen kritisch zu hinterfragen sind. Sie müssen in ihren Fähigkeiten gestärkt werden, ihre Erfahrungen und Standpunkte in hochkarätig besetzten Gremien standhaft und unüberhörbar vertreten zu können und mit anderen Playern im System auf Augenhöhe zu kommunizieren. Wenn nun industrienahe Organisationen hier mit Schulungsprogrammen vorpreschen, wird der Blick auf die notwendigen Inhalte und Angebote behindert. Eine Millionen-Förderung der EU hätte im Sinne der PatientInnen und BürgerInnen besser eingesetzt werden können.
Mag. Andrea Fried, Autorin des Berichts „Beteiligung von BürgerInnen und PatientInnen in HTA Prozessen - Internationale Erfahrungen und Good Practice Beispiele“, 2016, HTA-Projektbericht 86. https://eprints.aihta.at/1088/1/HTA-Projektbericht_Nr.86.pdf
Gemeinsame Stellungnahme des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e.V. und der Patientenvertretung im Gemeinsamen Bundesausschuss: http://www.ebm-netzwerk.de/aktuelles/news2016-05-30