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- Newsletter November 2018 | Nr. 172
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Natalizumab-Therapie bei schubförmig-remittierender Multipler Sklerose
Der monoklonale Antikörper Natalizumab wurde erstmalig 2004 von der FDA (Food and Drug Administration, USA) für die Behandlung von schubförmig-remittierender MS zugelassen. Ausgangslage dafür war der erfolgversprechende Zwischenbericht zweier klinischer Studien (AFFIRM und SENTINEL). 2005 wurde das Produkt jedoch nach Erkrankung zweier StudienteilnehmerInnen an progressiver multifokaler Leukoencephalopathie (einer seltenen opportunistischen Infektion des Gehirns mit mitunter tödlichem Verlauf) von den Herstellern zurückgezogen. Nach eingehender Untersuchung und Auswertung der Studienendergebnisse, welche eine eindeutige (signifikante) Verbesserung des Krankheitsverlaufes von Natalizumab behandelten PatientInnen im Vergleich zu einer Placebo-Kontrollgruppe zeigte, wurde Natalizumab 2006 sowohl von der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) als auch von der FDA zugelassen.
Mittlerweile liegen weitere klinische Studien vor und es wurde in einer Übersichtsarbeit analysiert, wie wirksam und sicher Natalizumab im Vergleich zu alternativen MS-Therapien nach derzeitiger Studienlage ist, wobei das Hauptaugenmerk auf den Auswirkungen einer mittel- bis langfristigen Therapie (Studienverlauf über 24 Monate) lag. Zur Beurteilung der Wirksamkeit konnten drei Studien, ein RCT (47 PatientInnen erhielten Natalizumab) und zwei nicht-randomisierte kontrollierte Studien (563 PatientInnen wurden mit Natalizumab behandelt) eingeschlossen werden. Als Vergleich wurde Fingolimod (789 PatientInnen), Placebo (RCT, 47 Patientinnen) oder eine Gruppe, welche die Therapie mit Natalizumab stoppte und eine von drei weiteren Behandlungsmöglichkeiten wählte (81 PatientInnen), herangezogen. Im Vergleich zu einer alternativen Therapie mit Fingolimod konnten keine signifikanten Unterschiede bzgl. der Wirksamkeit in den Endpunkten jährliche Schubrate (annualized relapse rate, ARR) und Krankheitsverlauf (disability progression) gefunden werden. Lediglich im Vergleich mit Placebo wurde eine positive Beeinflussung des Krankheitsverlaufes gezeigt.
Bezüglich der Sicherheit der Therapie wurden die Daten von insgesamt sieben Studien ausgewertet. Neben den o.a. Studien wurden vier nicht-kontrollierte Studien mit insgesamt 6335 mit Natalizumab behandelten PatientInnen analysiert. Aktuell liegen keine Daten bzgl. der Sicherheit von Natalizumab in Vergleich zu einer alternativen Therapie mit Fingolimod vor. Gegenüber Placebo waren prozentuell weniger PatientInnen von schweren Nebenwirkungen (inkl. MS-Schüben) betroffen (Natalizumab: 15% versus Placebo: 23%). Bei den nicht-kontrollierten Studien lag der Anteil an schweren Nebenwirkungen zwischen 2.4% und 16%, wobei Infektionen, Neoplasmen und Hypersensitivitätsreaktionen zu den am häufigsten genannten zählten.
Generell besteht aktuell aufgrund fehlender hochqualitativer Vergleichsstudien (Natalizumab versus alternativen MS-Therapien) eine äußerst geringe Datenlage zur Beantwortung der Forschungsfrage. Vor allem in Bezug auf die Sicherheit sollte zukünftig der Fokus auf einer genaueren und vollständigeren Dokumentation liegen. Zusätzlich sollten im Studiendesign von chronischen Erkrankungen auch vermehrt PatientInnen-bezogene Endpunkte wie Lebensqualität (Quality of Life) berücksichtigt werden. EF
LBI-HTA/ AT 2018: Bericht demnächst verfügbar unter: https://eprints.aihta.at