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- Newsletter Mai 2018 | Nr. 167
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Unangemessene Nutzung von Laboranalytik
Da Schätzungen bzgl. des Ausmaßes dieser Übernutzung von Labor-Ressourcen stark variieren, haben wir einen neuen Ansatz zur Ermittlung dieser Zahlen getestet, basierend auf retrospektiven Labor-Daten einer großen Zentralkrankenanstalt. Aus unserer Labor-EDV wurden Anforderungen von fünf Beispiel-Parametern extrahiert, die aufgrund präanalytischer Nonkonformitäten (hämolytisches Material oder unterfüllte Röhrchen) storniert werden mussten. Im Anschluss wurde evaluiert, ob und in welchem Zeitrahmen der stornierte Wert bei den jeweiligen PatientInnen erneut angefordert wurde. Diese Aussage diente als Surrogat-Parameter, um die Frage beantworten zu können, ob der Wert für die medizinische Behandlung der PatientInnen a priori notwendig war. Anschließend an diese Auswertung wurde das Krankenhauspersonal (ÄrztInnen und Pflegepersonal) befragt, wie hoch sie den Anteil jener stornierten und nicht wiederangeforderten Tests schätzen und was ihrer Ansicht nach der Grund für diesen Umstand ist.
Im Schnitt wurden lediglich 20-30% der stornierten Analysen innerhalb von 24 Stunden nochmals bei denselben PatientInnen angefordert. 60-70% dieser Analysen wurden entweder erst nach einer Woche oder gar nicht wieder angefordert und wären somit potentiell überflüssig oder zumindest von fraglicher klinischer Bedeutung. Das Klinikpersonal konnte den Anteil der nicht wieder angeforderten Analysen sehr gut einschätzen, was wiederum bedeutet, dass der Umstand dieser Übernutzung von Laboranalytik durchaus bekannt ist und bewusst in Kauf genommen wird. Als Ursachen hierfür wurden unter anderem folgende Gründe genannt: Die Verwendung sogenannter Routinepanel; ambulante PatientInnen, die das Krankenhaus bereits verlassen haben, sobald der Befund mit den stornierten Analysen zur Verfügung steht; Werte sind oftmals aufgrund der Resultate anderer Werte desselben Laborbefunds nicht mehr von Nöten; es wurde vorgezogen den PatientInnen eine weitere Blutabnahme zu ersparen (v.a. auf pädiatrischen Abteilungen). All diesen Gründen ist gemeinsam, dass man hinterfragen könnte, weshalb der Parameter gebraucht wurde wenn, z.B. PatientInnenkomfort oder Resultate anderer Werte ausreichen, um diesen als obsolet für die weitere medizinische Behandlung anzusehen.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, dieser Übernutzung zu begegnen, wie die Implementierung labordiagnostischer Algorithmen, Gate-Keeping-Systeme, Re-Testing Intervalle, Redesign des Anforderungsbogens oder Testpanel-Harmonisierung. Unabhängig davon welche dieser Strategien zum Einsatz kommt, sollte immer danach getrachtet werden die Umsetzung in engem Kontakt mit der Klinik durchzuführen.
Priv. Doz. OA Dr. Janne Cadamuro, Stv.Institutsvorstand des Instituts für Medizinisch-Chemische Labordiagnostik und medizinische Mikrobiologie der PMU, Uniklinikum Salzburg / Landeskrankenhaus
Cadamuro J, Gaksch M, Wiedemann H, et al. Are laboratory tests always needed? Frequency and causes of laboratory overuse in a hospital setting. Clin Biochem. 2018; 54: 85-91. https://doi.org/10.1016/j.clinbiochem.2018.01.024