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- Newsletter November 2017 | Nr. 162
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EC-ExpertInnen-Panel legt Bericht zu hochpreisigen, aber oft wenig innovativen Medikamenten vor
Der ExpertInnen-Bericht befasst sich mit acht Prinzipien, die mittelfristig zu besseren (innovativen) Medikamenten und zu sozialverträglichen Preisen führen sollen. 1. Die Offenlegung der tatsächlichen Kosten bei der Entwicklung von Medikamenten, 2. Die Verwendung unterschiedlicher Instrumente zur Stimulierung von „bedeutsamer“ Innovation: der Patentschutz ist dabei nur ein Instrument, das auch dahingehend zu hinterfragen ist, ob es in der heutigen Form wirksam ist, 3. Eine forcierte Methodenentwicklung zugunsten der Beurteilung des sozialen Werts von Medikamenten, um HTA-Methodiken zu komplementieren, 4. Die Entwicklung von Politiken und deren Bewertung zur Ausübung von Marktmacht in Preisverhandlungen, 5. Die Implementierung von Belohnungssystemen/ Inzentiven für höheren therapeutischen Nutzen insbesondere in Indikationsbereichen, wo Innovationen tatsächlich gebraucht werden, 6. Die Weiterentwicklung von Refundierungsinstrumenten, die die Behandlung und das Ergebnis belohnen und nicht den Ankauf von „Pillen“, 7. Die Erprobung und Analyse von nichtlinearen, differenzierten Refundierungsinstrumenten, 8. Die Begründung von Plattformen für Diskurs zwischen allen Beteiligten.
Der Rolle von R&D (Forschung & Entwicklung) kommt in dem Bericht besondere Aufmerksamkeit zu: werden nur die Kosten für Pharma-geleitete R&D inkl. einem Risikokapital bei der Preisbildung berücksichtigt, ist das ein Inzentiv, die R&D Kosten hoch zu halten, nicht aber Innovation zu produzieren. Werden Indikationsbereiche mit Bedarf nach therapeutischen Innovationen identifiziert, sollte eine zentrale öffentliche R&D Förderung (wie dies derzeit bei Antibiotika passiert, wo bislang Marktmechanismen völlig versagt haben) forciert werden und nur die Herstellung des Produkts durch Marktanbieter durchgeführt werden. Auch Ideen zur Verstärkung von Instrumenten zum intergenerationalen Bestand echter Innovationen werden in dem Bericht betont: heute wird über den Patentschutz und die entsprechenden hohen Preise nur eine Generation eines Medikaments belohnt, die dann von der nächsten Generation (ebenfalls unter Patentschutz, marginal anders/ besser) abgelöst wird. Zukünftige Instrumente sollten stärker die innovativen Medikamente, die für mehrere Generationen nutzbringend sind, im Fokus haben und diese belohnen und damit zu einer Entschleunigung der Produktion von vielen neuen Medikamenten mit geringem Nutzen zu weniger Medikamenten mit großem Nutzen führen. Weiters wird vorgeschlagen, auch die Anforderungen an neue Medikamente bereits bei der Zulassung durch die EMA höher zu setzen und der weiteren Orphanisierung von Medikamenten durch entsprechende Regelwerke Einhalt zu gebieten. Striktere Kontrollen durch die EMA bis zu „De-Listing“ von Medikamenten, die die bei der Zulassung in sie gesetzten Erwartungen in der Praxis nicht erfüllen können, sind gefordert, um die Glaubwürdigkeit der Zulassungsbehörde zu bewahren.
Die ExpertInnen sprechen sich für das Erproben sowie das Evaluieren einiger neuer Steuerungsinstrumente aus.
Priv. Doz. Dr. Claudia Wild, Leiterin des LBI-HTA, Mitglied im EC-Expert Panel
EC-Expert Panel on “effective ways of investing in Health” 2017: Opinion on Innovative payment models for high-cost innovative medicines (Draft): https://ec.europa.eu/health/expert_panel/home_en
Der Bericht des Expert-Panels liegt in einer Draft-Version auf der Website der Europäischen Kommission vor (https://ec.europa.eu/health/expert_panel/sites/expertpanel/files/019_innovative_payment_models_en.pdf), die endgültige Version wird in Kürze ebenfalls dort zu finden sein.
Vgl. auch Veranstaltung „Game Changer: For better and affordable medicines for Europe. https://epha.org/game-changers-for-better-and-affordable-medicines-for-europeans/