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- Newsletter Oktober 2017 | Nr. 161
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Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG): 2 neue Forschungsgruppen zur psychischen Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen
Um die neu generierten Forschungsfragen in Forschungsprojekte zu übersetzten, hat die LBG ein innovatives Auswahlverfahren zur Zusammenstellung von internationalen und interdisziplinären Forschungsgruppen eingesetzt – das Ideas Lab. Es handelt sich dabei um einen offenen fünftägigen Workshop, der dazu dient, internationale Expertise aus verschiedenen Disziplinen zu einem Thema zusammenzubringen und neue Querverbindungen und damit neue Forschungsprojekte anzustoßen. Solchermaßen initiierte Forschung soll hochinnovativ und risikoreich sein und eine neue Dimension von Problemlösungen ermöglichen.
Dazu wurde in der öffentlichen Ausschreibung zur Gründung von Forschungsgruppen im Bereich „Kinder von psychisch erkrankten Eltern“ auf die Diversität der Disziplinen geachtet. Mehr als 900 erfahrene WissenschafterInnen – von Computerwissenschaften, Psychologie bis Theaterwissenschaften – wurden auf die Ausschreibung aufmerksam gemacht. 30 WissenschafterInnen aus 136 Bewerbungen wurden zum Ideas Lab eingeladen, um dort Forschungsideen mit anderen WissenschafterInnen gemeinsam zu entwickeln. Um einen authentischen Einblick in den Alltag und die Herausforderungen von Betroffenen zu geben, wurde auch im Ideas Lab wieder die Community einbezogen: Zwei erwachsene Kinder eines psychisch erkrankten Elternteils teilten ihre Erfahrungen mit den ForscherInnen. Unterstützt wurden die WissenschafterInnen von MentorInnen, bestehend aus internationalen FachexpertInnen im Bereich psychische Gesundheit, die im Ideas Lab stetig Feedback zu den entwickelten Projektideen gaben. Diese wurden anhand von fünf Kriterien von den MentorInnen evaluiert: Neuheit der Forschung, Interdisziplinarität des Teams, Einbindung der Community in Forschungsaktivitäten, Machbarkeit des Projekts und seine gesellschaftliche Relevanz. Als Ergebnis des Ideas Lab werden zwei Forschungsgruppen für je 4 Jahre (2018-2021) mit je 3 Mio. Euro gefördert: die Forschungsgruppen D.O.T. und Village.
Forschungsgruppe D.O.T. – Die offene Tür: Sozialer Zusammenhalt und Kontakt sind wichtige Faktoren für die psychische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. In der Übergangsphase zwischen Volksschule und Unterstufe kann eine Reduktion oder ein Abbruch des Kontakts die Verbundenheit zwischen Peers beeinträchtigen und schwerwiegende Folgen haben. Besonders Kinder von psychisch erkrankten Eltern sind vom diesem sozialen Rückzug betroffen. Das Projekt D.O.T. zielt darauf ab, Kinder und Jugendliche in der Übergangphase zu unterstützen, um weiterhin mit Peers über digitale Technologie in Kontakt zu bleiben. Diese Maßnahme trägt langfristig zur psychischen Gesundheit und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen bei. Die internationale Forschungsgruppe wird gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen – unter Einbeziehung der Eltern oder Erziehungsberechtigten und anderen wichtigen Stakeholdern wie zum Beispiel Schulen– eine soziale digitale Plattform entwickeln, die auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen abgestimmt ist und anschließend ihre Wirksamkeit evaluieren.
Forschungsgruppe Village – How to raise the village to raise the child: Kinder von psychisch erkrankten Eltern sind einem höheren Risiko ausgesetzt, negative Folgen für ihr Leben zu erfahren. Dazu zählen etwa physische und psychische Erkrankungen, geringere Ausbildungschancen und Arbeitsbeschäftigung. Diese Belastungen können sich langfristig auf ihre Gesundheit und Zufriedenheit auswirken und verursachen zudem lebenslang erhöhte Kosten für das Gesundheitssystem. Das Projekt "Village" zielt auf eine Unterbrechung dieser transgenerationalen Weitergabe von beeinträchtigter (psychischer) Gesundheit von Kindern von psychisch erkrankten Eltern ab und unterstützt daher die Entwicklung und Lebensqualität von Kindern in Österreich. Durch neu geschaffene und verbesserte Kollaboration von vorhandenen Helfersystemen und Versorgungsstrukturen, die auf die Bedürfnisse von Kindern psychisch erkrankter Eltern abgestimmt werden, sollen Probleme frühzeitig von der Community erkannt und kindgerechte Unterstützung zur Verfügung gestellt werden.
Ein besonderes Merkmal des Forschungsprogramms „Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“ ist die Einbindung von Betroffenen, die als ExpertInnen durch ihre Erfahrung einen essentiellen Beitrag zur Forschungsfrage und den Forschungsaktivitäten liefern. Das Forschungsprogramm adressiert nicht nur die frühzeitige Unterstützung für Kinder und Jugendliche von psychisch erkrankten Eltern, sondern trägt mit diesem disziplinenübergreifenden Ansatz und der Sensibilisierung der Community zur Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen bei. Insbesondere zeigt das Forschungsprogramm auf, wie durch einen interdisziplinären Forschungsansatz Lösungen auf komplexe Herausforderungen in der psychischen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen erarbeitet werden können.
Mag. Raphaela Kaisler, MSc, Programme Manager & Liaison Officer Research Programme Mental Health, Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG)