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- Newsletter Juni 2017 | Nr. 158
- Ethik und Health Technology Assessment (HTA)
Ethik und Health Technology Assessment (HTA)
Dennoch ist Ethik in HTA noch nicht so implementiert wie bspw. die medizinische Nutzen-/Risikobewertung oder die gesundheitsökonomische Nutzen-/Kostenabwägung. Während dafür verschiedene mögliche Gründe angeführt werden können [3], ist die oft noch fehlende oder erst versuchsweise etablierte methodische Umsetzung „der Ethik“ in HTA besonders nennenswert. Will man ein bloßes „muddling through“ oder eine rein auf ExpertInnenurteile beruhende ethische Bearbeitung vermeiden, und will man zudem Konsistenz mit den Ansprüchen herstellen, die an andere Domänen eines HTA-Projektes herangetragen werden, so muss die Methode der Identifizierung ethischer Aspekte bei einer Gesundheitstechnologie und/oder deren ethische Bewertung systematisch und transparent sein. Dies ist beispielsweise, wenn auch keineswegs ausschließlich, mit systematischen Übersichtsarbeiten zu ethischen Aspekten möglich. Entsprechende Analogien gelten für die (medizinische) Leitlinienentwicklung [4].
Zwar beinhaltet auch schon die systematische Suche ethischer Literatur einige methodische Stolpersteine [5], ein besonderer Klärungsbedarf besteht jedoch hinsichtlich der Analyse und Synthese jener Informationen, die man anhand der Literatursuche – oder anhand anderer Verfahren wie z.B. Fokusgruppen oder ExpertInneneninterviews – gewinnen kann. So muss zum einen definiert werden, welche Information überhaupt aus der Literatur extrahiert werden soll. Geht es primär um sozialempirische Informationen zu Einstellungen und Präferenzen relevanter AkteurInnen oder um „normative Informationen“, wie relevante Prinzipien, Kriterien, ethische Aspekte oder sogar Handlungsempfehlungen. Wenn „normative Informationen“ zusammengeführt und für Entscheidungsträger verständlich dargestellt werden sollen, werden Kompetenzen im Bereich qualitativer Inhaltsanalyse und im Bereich StakeholderInnen-orientierter ethischer Analyse unabdingbar.
Um die erforderlichen Ethik-Kompetenzen zu konkretisieren und unterstützende Ethik-Methoden in HTA zielführend zu implementieren, ist zuerst eine Verständigung in der HTA-Community auf methodische Minimalstandards erforderlich. Anhand von Pilotprojekten können einzelne Methodenansätze vorgestellt, die damit verbundenen Kompetenzen bestimmt und in Übungsbeispielen vermittelt werden. Die kommenden zwei Workshops in Basel (25.08.2017) und Wien (30.11.2017) sollen dies unterstützen, indem sie den Raum für Diskussionen um den gegenwärtigen Stand von „Ethik in HTA“ und „Ethik der HTA“ geben, aber v.a. auch der Frage nachgehen, wo wir mit Ethik als Teil von HTA hinwollen und wie wir die gewünschten Ziele erreichen können. Für nähere Informationen zu den Veranstaltungen siehe http://www.hta.lbg.ac.at/page/workshop-reihe-ethik-und-hta/de
Dr. phil. Marcel Mertz & Prof. Dr. Dr. Daniel Strech, Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin
[1] Arellano LE, Willett JM, Borry P (2011) International survey on attitudes toward ethics in health technology assessment: An exploratory study. Int J Technol Assess Health Care 27(1):50-54
[2] Woopen C, Mertz M (2014) Ethik in der Technikfolgenabschätzung: Vier unverzichtbare Funktionen. APuZ 6-7:40-46
[3] Hofmann B (2014) Why not integrate ethics in HTA: identification and assessment of the reasons. GMS Health Technol Assess 10:Doc04
[4] Mertz M, Strech D (2014) Systematic and transparent inclusion of ethical issues and recommendations in clinical practice guidelines: a six-step approach. Implement Sci 9:184
[5] Droste S (2008) Systematische Gewinnung von Informationen zu ethischen Aspekten in HTA-Berichten zu medizinischen Technologien bzw. Interventionen. ZEFQ 102:329-341